Interview Horst Krämer

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Ein Gespräch zu den Themen Gesundheitskompetenz, Stressfolgen und der Frage «Worauf schaue ich?»

Horst, etwas, was uns verbindet, ist die Auseinandersetzung mit dem Thema ganzheitliche Gesundheitskompetenz. Was bewegt dich in diesem Zusammen-hang?

In unserem Gesundheitssystem ist Verände­rung nötig. Wir behandeln Diagnosen und nicht den Menschen. Das lassen sich viele nicht mehr gefallen. Es braucht ein Umdenken.

Welches Umdenken ist deines Erachtens nötig?

Das Stress­-System ist an der Entstehung von Krankheiten massgeblich beteiligt und muss deshalb auch für die Heilung begleitend mit einbezogen werden.

Kannst du das etwas genauer ausführen?

Zum Beispiel der Magen-Darm-Trakt: Das Stress-System beeinflusst durch das Nerven­geflecht im Darm und seine Verbindungen zum Gehirn die Funktion der Verdauung und der Nährstoffaufnahme. Im Darm werden 82 Prozent der Immunboten- und Vitalstoffe ge­bildet. Egal, wie gesund ich mich ernähre, mein Darm verarbeitet bei zu viel Stress, Auf­regung und Angst wertvolle Stoffe nicht mehr. Die Folge: Das Immunsystem wird geschwächt und Krankheiten können entstehen.

Demnach spielt der Darm eineSchlüsselrolle?

Korrekt, das Immunsystem ist auf die Ge­sundheit des Darmes ebenso angewiesen, wie es umgekehrt der Fall ist. Erkennbar ist dies auch an der Tatsache, dass über 80 Pro­zent aller Immunzellen im Darm beheimatet sind. – Umso unverständlicher ist es, das Anti­biotika immer noch zu den am häufigsten verwendeten Medikamenten gehören und einen grossen Wirtschaftsfaktor für das medi­zinische System darstellen. Sie zerstören die Darm flora und damit die Grundlagen des Immunsystems und schaffen somit neue gesundheitliche Probleme. Gerade hier braucht es definitiv ein Umdenken.

Stress spielt also eine wichtige Rolle im Krankheitsgeschehen. Wo siehst du das Problem, auf eine Diagnosefokussiert zu sein?

Eine Diagnose sagt nichts über die Ursache einer Krankheit aus. Die Ursachenbehandlung fehlt meist komplett. Zudem löst die Konfron­tation mit einer Diagnose häufig starken Stress beim Patienten aus. Wenn die Diagno­se sogar schockartig ist, bildet sich ein Stress­speicher im limbischen System, der Trigger­impulse freisetzt und die zur Heilung nötige Aktivierung des Immunsystems verhindert. Der Körper befindet sich in einer neuronalen Ausnahmesituation mit einer Blockierung des Immunsystems.

Also muss man zunächst dieseBlockierung wieder aufheben, damit Heilung möglich wird?

Ja, die Auflösung dieser Stressspeicher ist häufig sogar unabdingbar für die Regenerati­onsfähigkeit des Körpers.

Und hier eignet sich insbesondere auch die Methode Neuroimagination.

Ja, die Neuroimagination ermöglicht durch die Auflösung der Stressspeicher die Selbst­steuerung in dem Sinne, dass die Aufmerk­samkeit von der Krankheitsbefürchtung auf die Gesundheitserwartung gelenkt werden kann.

Weshalb ist es so wichtig, worauf wir fokussiert sind?

Descartes sagte: «Ich denke, also bin ich.» – Man könnte hier auch freier sagen: Wie ich denke, so bin ich. Worauf ich schaue, das be­stimmt, was ich denke, und mein Denken er­zeugt biochemische Prozesse. Dies wiederum ist die Grundlage meines Immunsystems und steuert die ganze Körperlichkeit. Je nachdem, wo ich gedanklich stehe, wirkt sich also mein Fokus krankheits­ oder heilungsunterstützend aus.

Das braucht in der Tat ein Umdenken auch im Sinne eines Rollenwechsels der medizinischen Betreuungspersonen...

Nun, es braucht eine Mischfunktion zwischen Berater, Begleiter und Trainer. Die optimale Begleitung beinhaltet die Aufklärung darüber, wie Gesundheit als Ganzes funktioniert, und dies konsequent unter Einbezug der Erkennt­nisse aus den Neurowissenschaften. Dazugehören Bewegung, Ernährung, aber auch die Art, wie wir mit uns selbst umgehen und wie wir Beziehungen und unser Leben gestal­ten. Damit dies gelingt, muss die Verantwor­tung für die Gesundheit vom Individuum selbst übernommen werden.

Horst, danke für deinen Mut, ausserhalb der gewohnten Bahnen zu denken und auch dazu zu stehen. – Ich bin gespannt, was wir von dieser Entwicklung sehen werden.

 

 

ZUR PERSON VON HORST KRAEMER

Horst Kraemer ist Coach und Systemtherapeut. Er ist der Entwickler der Methode Neuroimagination®, einer sehr wirksamen Stressregulationsmethode. Horst Kraemer hat die Brainjoin Coaching Akademie gegründet, an der er auch als Dozent tätig ist. In dieser Funktion habe ich ihn auch kennengelernt, als ich dort meine Ausbildung zum Neuro imaginations-Coach® gemacht habe.

Mehr dazu finden Sie auch unter www.brainjoin.ch oder
www.neuroimagination.de.

Ausserdem ist Horst Fachbuchautor.
Aktuelle Veröffentlichungen: «Soforthilfe bei Stress und Burn-out», Kösel Verlag. «Praxisbuch Soforthilfe», Kösel Verlag